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Electro-magic splashes in your mindsystem
Kennen Sie das Raumschiff Orion, jene elegante fliegende Untertasse, welche anno dazumals in den 60ern in den TVs der deutschen Haushalte rumschwirrte? Liebhaber werden Walter Wetters geheimnisvolle Skulpturen wohl gerne mit Ausstattungsdetails des legendären Raumkreuzers vergleichen. Der junge Ostschweizer Künstler schafft es nämlich spielend, Elektronik-trash mit anderen industriell gefertigten Materialien und Produkten zu Kunstwerken zu verarbeiten, die elektrisch-elektronische Funktionalität vortäuschen und dabei sowohl wie Pioniergeräte der Computerwissenschaft, als auch wie Apparaturen der Dreamstation Orion wirken...
Es handelt sich bei Walter Wetters Werken um eine sensible Verarbeitung von Signalen der aufstrebenden Mediengesellschaft, zu Objekten bar jeden rationalen Gebrauchswerts - die jedoch als Totemsymbole unserer elektronischen Kultur gelesen werden können. Seine Ideen und Realisationen muss man als Weiterführung der Visionen der Industrial Art sehen; derjenigen Kunstbewegung von Musikern, Performern, Fotografen und Malern, welche sich als Chronist, Reflektor wie auch als Kritiker unserer industrialisierten Welt verstehen. Als Bewegung hat die Industrial Art wohl vor allem in den 80er Jahren Bedeutung erlangt, die interesantesten Konzepte von Künstler dieser Richtung wurden jedoch erst im Verlaufe der 90er Jahre geschaffen. Zu denken wäre dabei zum Beispiel an die bildnerischen wie akustischen Werke des Urvaters der Industrial Art, Genesis P. Orridge oder auch an die interessante Entwicklung des musikalischen Werkes der Einstürzenden Neubauten.
Walter Wetters Schaffen ist ebenfalls über mehr als 10 Jahren zur heutigen Opulenz herangereift. Fundstücke aus dem Industrieabruch verbindet er auf genauso virtuose wie bizzare Weise mit Flohmarktgegenständen. Scheinbar Unverträgliches, Gegensätzliches verklebt Walter Wetter mit Harz zu überraschend Harmonischem, Ausgewogenem, Schönem. Religiöse Gegenstände oder Teile von Spielzeugen treffen da schon mal auf zweckentfremdete Verschalungsteile nicht ablesbarer Herkunft. Diese Transformation von banal Funktionalem zu kunstvoll Unbrauchbarem beherrscht Walter Wetter äusserst souverän, ohne dabei ins Witzhafte zu abzudriften. Industrial Art strebt eben das Gegenteil von ironisch Übersteigertem an, welches Alteisen-Plastiker wie etwa Jean Tinguely oder Bernhard Luginbühl anstrebten. Industrial Art im Sinne von Walter Wetters Schaffen bleibt in letzter Konsequenz immer ernst und strahlt neben aller Schönheit Bedrohliches aus. Sie zielt eben auf unser Unterbewusstsein, dass trotz rationaler Objektivität des menschlichen Strebens doch immer eine kritische Distanz zur industriellen Entwicklung behält. Genau in dieses Spannungsfeld zwischen Industrieprodukte-Wirklichkeit und apokalyptischem Fiebertraum a la Brazil (gemeint ist der Film) setzt Walter Wetter gekonnt seine Techno-Totem-Kunst und lässt das Publikum der Stimmung dieser Werke erliegen.


Sascha Laszlo Serfözö, Mai 97