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Moderne Kunst an der alten Kultstätte

Auf dem Klosterareal St. Urban, Schweiz, ist Kunst eingezogen. art-st-urban nutzt die ehemalige Männerpsychiatrie für Ausstellungen und zur Kunstförderung. Auch die weitläufige Parkanlage rund um die alte Kulturstätte wird durch moderne Plastiken neu belebt.

Im Pavillon, dem vor rund 100 Jahren erbauten Haus E der Anlage, wo bis vor zehn Jahren Patienten der Psychiatrischen Klinik St. Urban untergebracht waren, hängen nun Bilder und Plastiken an den Wänden. Installationen bringen in die ehemaligen Zimmer der Patienten neue Spannungen. Ganz dem Gedächtnis an die Vergangenheit des Therapiezentrums ist der Waschraum der ehemaligen Männerabteilung gewidmet. Er war noch in seinem ursprünglichen Zustand erhalten. Bei der Renovation für das neue Kunstzentrum hat man ihn nur weiss übertüncht, wodurch er etwas Monumental-Ergreifendes erhielt.

In den Ecken der Gänge stehen noch alte Telefonzellen. Am Rand des ehemaligen Schlafsaals sind kleine Isolierzellen aufgereiht. Die Räume sind weiss gestrichen, die Böden mit schwarzem Asphalt ausgegossen. Mit einer imposanten Werkreihe zieht Heinz Aeschlimann die Aufmerksamkeit des Besuchers in die Tiefe des Hauptgangs, an dessen Ende er im grossen Raum des Parterres mit einem «Stahlgewitter», Kraftbündeln, Spannungen und gerissenen Nerven (Seilen) an die beinahe archaische Zeit erinnert, als hier geistig und seelisch lädierte Menschen ihre Heimstatt hatten.

Treibende Kraft
Aeschlimann ist zusammen mit seiner Frau, Gertrud Aeschlimann-Kohler, die treibende Kraft hinter dem Projekt art-st-urban, das an diesem ehrwürdigen Ort in mehrfacher Hinsicht ein Novum ist. Die Ausstellungen von moderner Kunst werden St. Urban ein neues Image verschaffen. Mit der privaten Initiative und der Unterstützung durch zahlreiche Donatoren aus Kultur und Wirtschaft wird hier ein Projekt realisiert, das eine unverwechselbare Ausstrahlung erhalten wird.

Der Park bietet Raum für eine Vielzahl von Objekten, ohne dass diese sich optisch tangieren. Der Pavillon E umfasst vielfältige Räume, die Künstler mit ihren Werken bespielen können. Die Eröffnungsausstellung greift diese Vielfalt auf und nutzt sie etwa für die stille Präsentation der kleinen Metallplastiken von Gabriela von Habsburg und die ruhigen Bilder von Claus Hipp oder für surrealen Bilder von Franz Stirnimann, der hier neu - und vielleicht zum erstem Mal in dieser Spannbreite - zu entdecken ist. Es folgen Videos, Skulpturen und Installationen, die ganz in die aktuelle Kunstszene weisen (Namen siehe unten).

Artist in residence
Mit art-st-urban ist auch ein Kunstförderunsprojekt verbunden, das international abgestützt ist und von der International Sculpture Organisation, USA, mitgetragen wird. Dafür werden junge Künstlerinnen und Künstler ausgewählt, die während einiger Zeit im Pavillon gratis leben und arbeiten möchten. Sie werden in ihrer Arbeit aktiv gefördert und unterstützt. Sie können im ersten Stock des Pavillons leben und erhalten ihre Ateliers zugeteilt. Die Mittel für das Projekt werden von Donatoren aufgebracht. Im ersten Stock befindet sich auch ein Wohnraum für die Leiter des Projekts, Gertrud und Heinz Aeschlimann. Er soll gelegentlich auch für Veranstaltungen, Lesungen oder Kammerkonzerte, genutzt werden.

art-st-urban kam zustande dank einer Übereinkunft zwischen Aeschlimann und der Regierung des Kantons Luzern. Vorerst für zehn Jahre hat der Kanton die Zusage zur neuen Nutzung des Pavillons erteilt, mit der Möglichkeit, den Vertrag jeweils um fünf Jahre verlängern zu können. Regierungsrat Markus Dürr, dem die Psychiatrie untersteht, liess sich vom Konzept einer nachhaltigen kulturellen Nutzung von Gebäude und Park überzeugen und stiess damit bei der Regierung auf keine Widerstände.

Ausstellende Künstler (Stand Herbst 2005)
Heinz Aeschlimann, 1948, Zofingen und Stansstad, Plastiker und Unternehmer
Franz Stirnimann (1915 - 1997, Olten und Basel, Maler und Unternehmer
Gabriela von Habsburg, 1956, München, Plastikerin
Claus Hipp, 1938, München, Maler
Gabriele Pöhlmann, 1957 Nürnberg, Konzeptkünstlerin
Jürg Altherr, 1944, Zürich, Bildhauer, Landschaftsarchitekt
Karel Thole, 1914, Amsterdam, Illustrator
Clementia Labin, Hamburg, Konzeptkünstlerin
Urs Twellmann, 1959, Münsingen BE
Lino Budano, Piacenza, Videokünstler, Fotograf, Plastiker
Walter Wetter, 1962, Thurgau, Installationen, Objekte
Gerhard Mayer, Deutschland, Installatioen
Urs Beat Roth, Schweiz
Max Gangl Österreich
Ursula Fehr, Schweiz
Reto Bärtschi, Langenthal und Wilen
Drew Goerlitz, USA