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2008 "Eingleisig"
Presse text Thurgauer Zeitung 25.08.2008

FW-Bahn: Ich bin auch eine Galerie
Kunst, vier Wochen lang, links und rechts der Frauenfeld-Wil-Bahn. Gestern ist «eingleisig» eingeweiht worden. Stimmung herrschte wie an einem Volksfest.

Frauenfeld – Voller Menschen, voller Musik, voller Erwartung: Frauenfelds Bahnhofplatz. Das Pullup Orchestra (mobil wie eine Guggemusig) spielt seinen Brass-Hop, Oliver Kühn vom Theater Jetzt (angezogen wie ein Kapitän) schellt die Schiffsglocke und erinnert an die ZVV-Werbung: «Ich bin auch ein Schiff.» Und freut sich, dass die zwei Künstlergruppen Kunst Thurgau und Ohm41 «über die Pufferzone der Frauenfeld-Wil-Bahn hinausgeschossen sind».

«Ich bin auch eine Galerie», ruft Kühn durch die Menge der rot-weissen Bahn zu, die durch die Schallmauer aus Packpapier schiesst und zwei Eier überfährt (Gastperformance: Vänci Stirnemann aus Zürich). Brigitta Hartmann, Präsidentin von Kunst Thurgau, freut sich, dass die Kunstaktion nicht zuletzt eine Gegenstimme zu jenen Stimmen ist, die die FW gern weg haben wollen; Regierungsrätin Monika Knill bezieht sich auf den (elektrischen) Widerstand Ohm und wünscht sich künstlerische Impulse an die Bevölkerung, die weit über 300 auf den Bahnhofplatz entsendet hat.

«Kunst macht blöd»
Freche Tafeln schiessen in die Höhe, als wäre die Vernissage eine Ohmsche Demo. Schauspieler Kühn fragt Carlo Parolari, was ihm Kunst bedeute, und lässt Frauenfelds Stadtpräsidenten (so nennt er ihn!) genüsslich über Sprüche wie «Kunst macht blöd» improvisieren. «Sie sind ein kunstbeflissener Stadtpräsident, das ist eine Seltenheit», schliesst Kühn. Wie ein ironischer Tupfer folgt «Für wa?» vom Pul-lup Orchestra, dann gehts los mit der Bahn zur Station Lüdem. Dort stehen Skulpturen dreier Künstler am Hang.

Markus Grafs eiserne Portale ruhen im Gras, mit perfektem Schwung, als habe ein Zyklop die Tür aufgebogen. Riesenhaft auch Marcus Messmers Köpfe, grob aus der Eiche gehauen: dunkel der Teint, eingefallen die Wangen, laut die Lippen. Lyrisch fast die dritte Position: Stefan Rutishauser hat eine Barke aus Apfel geschnitzt und erinnert an Lea, die letzten Sommer von einem Zug getötet wurde. Dann locken die Musiker hinab zur Murg, wo Markus Eugsters launische Werke den Weg zeigen bis zur Murkart. Zuvor noch einen von Astrid Blums Ansteckknöpfen gekauft: «Wo ist die Notbremse fürs Verlangen?» zum Beispiel. Dann Geduld, bis alle ein Getränk und eine Wurst haben.

Reiches Rahmenprogramm
Fast vierzig Künstler machen sich für «eingleisig» der ganzen Strecke entlang zu schaffen; an der Vernissage ist erst an drei Stationen Halt gemacht worden (www.eingleisig.ch). Die Ausstellung bezieht öffentliche und private Räume ein und lädt während vier Wochen zu verschiedenen Aktionen ein. Dazu gehört der Kulturzug des Theaters Jetzt! an den Mittwoch-abenden, dazu gehört ein Poetry-Slam-Duell zwischen den beteiligten Kantonen, dazu gehört eine Kunstaktion für Kinder in Wängi und eine Kunstreise mit der Kulturvermittlerin Brigitt Näpflin.

Gut organisiert alles. Und gut, gabs die Sets mit 34 Kunstkarten nicht erst zur Finissage zu kaufen.
http://www.eingleisig.ch/Inhalt/presseberichte.html